Die Lange Reihe in Hamburg St. Georg: Bunt, tolerant und liebenswert

Updated: 19.04.2023

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Die Lange Reihe in Hamburg St-Georg ist bunt

Der Hamburger Stadtteil St. Georg, insbesondere die Lange Reihe in Hamburg, übt eine besondere Faszination auf viele Menschen aus. Dies ist einerseits sicherlich auf sein facettenreiches kulturelles und gastronomisches Angebot sowie seine attraktiven Einkaufsmöglichkeiten zurückzuführen. Aber nicht nur darauf. Es ist auch die besondere Atmosphäre, die dort herrscht, geprägt durch die verschiedenen Kulturen, Religionen, Sexualitäten und Lebensentwürfe, die „Tür an Tür“ wohnen beziehungsweise mit (und nicht nebeneinander) leben. Seit den 90er Jahren hat sich dort die Lesbian-, Gay-, Bisexual-, Transgender- und Queer-Gemeinschaft (LGBTQ) etabliert, für die es spezielle Cafés und Clubs gibt. Wenn das Viertel ein Spiegel dieser Welt wäre, dann sähe sie ein Stückchen liebens- und lebenswerter aus. Die Bewohner schätzen und lieben es wegen der „Besonderheiten“ beziehungsweise der besonderen Mischung, die es auszeichnet. Daher rührt auch die starke Identifikation mit ihrem quirligen, bunten und kreativen Lebensumfeld.

Ein Bummel durch die Lange Reihe in Hamburg

Der Hamburger Stadtteil St. Georg weist die unterschiedlichsten Facetten aus – vom hektischen Treiben rund um den Hauptbahnhof, über den Steindamm mit seinem Kreuzberger Charme, der quicklebendigen Langen Reihe – quasi die Hauptstraße des Stadtviertels, bis hin zur exklusiven Außenalster. Jeder Bereich St. Georgs hat seinen besonderen Reiz, sein spezifisches Flair.

Bei einem Bummel durch den Stadtteil schlendern wir zuerst durch die pulsierende Lange Reihe in Hamburg, die als dessen Hauptstraße gilt. Dies hat sie der Tatsache zu verdanken, dass sich dort auf verhältnismäßig überschaubaren Raum etliche Cafés, Restaurants, Boutiquen und kleine Läden angesiedelt haben, die täglich viele Besucher beziehungsweise Kunden anziehen. Insbesondere während der Sommermonate pulsiert dort das Leben. Die Lange Reihe präsentiert sich bunt und schick, wozu insbesondere die schwul-lesbische Szene beiträgt, die sich dort ein Stelldichein gibt.

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Verhältnismäßig kurz ist der Weg zur Außenalster nördlich der Langen Reihe, den wir als nächstes einschlagen. Unterwegs genießen wir den Anblick des alten Fachwerks, der sich uns in den verwinkelten Straßenzügen bietet. An der Alster heißt es für uns, die Seele baumeln lassen und wieder ein Stückchen zu uns selbst finden. Wir beobachten die Fahrgastschiffe, Segler und Ruderboote auf dem glitzernden Wasser sowie die Spaziergänger, Radfahrer und Jogger am Ufer. Ins Auge springt die strahlende weiße Fassade des Hotels Atlantic, das sich dort angesiedelt hat.

Einen Abstecher unternehmen wir auch zum Hansaplatz mit seinem 17 Meter hohen Brunnen und seinen Lindenbäumen. Er bietet viele Facetten. Unter anderem haben sich dort Szene-Kneipen und anspruchsvollere Gastronomie-Betriebe angesiedelt. Sie tragen dazu bei, dass sich dort unterschiedliche Milieus ein Stelldichein geben. Eingebettet in den Stadtteil St. Georg ist der Hamburger Hauptbahnhof, den wir zuletzt besuchen. Er wird täglich von mehr als 700 Nah- und Fernverkehrs-Zügen angefahren und von einer halben Million Reisender durchlaufen. Nur einen kurzen Fußweg entfernt ist der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB).

Kunst, Kultur und Unterhaltung in St. Georg

Mit dem Deutschen Schauspielhaus und dem Ohnsorg-Theater weist der Stadtteil zwei bedeutende, bundesweit bekannte und – jedes auf seine Weise – geschätzte Kultureinrichtungen auf. Das Schauspielhaus bietet 1200 Besuchern Platz und richtet sich mit seinem internationalen Programm vorzugsweise an Besucher, die ein experimentierfreudiges, aktuelles Theater bevorzugen. Das Ohnsorg-Theater bietet regionale „Kost“. Es bringt viele plattdeutsche Stücke auf die Bühne. Das renommierte Hansa Varieté Theater präsentiert sich mit einem modernen Varieté-Programm, die „Politbüro“ öffnet die Türen für Kabarett-Freunde. Eine interessante Adresse ist auch der Kulturladen St. Georg mit seinen vielen Veranstaltungen und Kursen.

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Aktuelle und klassische Filme in Originalsprache zeigt das Savoy am Steindamm – einem beliebten Treffpunkt. Dazu trägt sicherlich auch seine exklusive Ausstattung bei, die es auszeichnet. Nicht unerwähnt bleiben soll das Museum für Kunst und Gewerbe auf der Südseite des Hauptbahnhofs. Es beherbergt eine umfangreiche Kollektion aus den europäischen, asiatischen und antiken Kulturkreisen und organisiert Ausstellungen zu Fotografie, Kunst- und Kultur¬geschichte sowie Kunsthandwerk. Ein Besuch ist auf jeden Fall lohnenswert.

Gay in Hamburg: Ein sehen und gesehen werden

Die Lange Reihe in Hamburg wird gern als der „Laufsteg der Schwulen-Szene“ bezeichnet. Sommers sitzen dort die Gäste vorzugsweise an den Tischen vor den Restaurants, mit denen die Bürgersteige vollgestellt sind, um zu sehen und gesehen zu werden. Dazu gehört beispielsweise das Café „Das Kyti Voo“, an dem niemand vorbeikommt, ohne von oben bis unten taxiert und beurteilt zu werden. Aus den 50ern stammt die „M+V Gaststätte“, die einst zur Großdestillation gehörte. Das „Schwulen-Wohnzimmer“ ist mit Original-Möbeln ausgestattet und äußerst gemütlich. Die „Generation Bar“ gegenüber wird von deutlich jüngeren schwulen Männern favorisiert.

M und V Gaststätte Bar in der Langen Reihe in Hamburg
Lange Reihe in Hamburg M&V Bar

In gastronomischer Hinsicht gibt es in der Langen Reihe keinen Wunsch, der nicht erfüllt werden könnte. Vertreten sind unter anderem Restaurants mit indischer, spanischer und portugiesischer Küche; schmackhafter Kuchen, kühles Bier und Burger befinden sich ebenfalls im Angebot. Viele kleine Läden warten mit einem exklusiven Sortiment auf – von Ethno-Mode und Mangoholz-Möbeln über Schmuck, Schuhe und edle Füller bis hin zu importierter Kunst aus Fernost. Hier findest du die  10 besten Restaurants in St. Georg.

Mehrmals jährlich „steppt der Bär“ in der Langen Reihe in Hamburg. So im Frühjahr bei der „Bunten Langen Reihe“ und im August bei der Parade zum „Christopher Street Day“, die dort ihren Ausgangspunkt nimmt. Organisiert wird sie von der LGBTQ-Gemeinschaft. Während dieser spektakulären Events verwandelt sich die Straße in eine aufgekratzte, schrille, bunte Partymeile: Dies muss man einmal erlebt haben. In unserem Beitrag Pride Month 2020: Die Geschichte hinter der dem LGBTQ-Movement erfährst alles zu den Hintergründen und der Geschichte des Pride Months.

Der Wandel hält Einzug

Das „Gesicht“ der Langen Reihe wandelt sich. Modegeschäfte und Straßencafés verdrängen immer mehr die bescheidenen Läden, Eckkneipen und Handwerksbetriebe, die sich dort einst etabliert hatten. Mittlerweile zählt die Lange Reihe in Hamburg zu den angesehensten Straßen in der Hansestadt. Die Mieten sind teilweise schwindelerregend hoch, die Eigentumswohnungen extrem teuer. Diese Entwicklung, die man als Gentrifizierung bezeichnet, mag man bedauern – aber ist aufzuhalten? Die Bewohner hoffen, dass möglichst viel von dem besonderen Charakter der Langen Reihe und darüber hinaus St. Georgs erhalten bleibt. Wenn die Entwicklung allerdings so weitergeht und die Interessen einer einzigen (wohlhabenden) Schicht die Oberhand gewinnen, könnte die Stimmung in dem „Flaggschiff der Toleranz“ umschlagen. Diese Sorge treibt viele um, die sich dort wohl fühlen: Sie protestieren und entwickeln Gegeninitiativen

Die bewegte Geschichte St. Georgs

Die Namensgebung des Wohnquartiers erfolgte nach dem ursprünglichen Lepra-Hospital St. Georg, das um 1200 außerhalb der Stadtmauern errichtet wurde. Zweck war es, die Gesunden vor Ansteckung durch die Erkrankten zu schützen, die das Stadtgebiet nicht betreten durften. Später wurden dort auch die Pestkranken gepflegt beziehungsweise beerdigt. Damit war 1608 Schluss. Das Pesthaus zog an den Hamburger Berg in St. Pauli um und das Hospital wandelte sich zum Armenstift, das es bis 1951 blieb. Der Bau von Bastionen auf dem St. Georgschen Areal Ende des 17. Jahrhunderts läutete die Einbeziehung des Viertels in die Hamburger Stadtfestung ein. Seit 1830 bildete es zusammen mit dem westlichen Teil des Hammerbrooks die Vorstadt St. Georg, die 1868 im Stadtgebiet aufging. Es entstanden neue Wohngebäude sowie Fabriken, Eisenbahnanlagen und Pferdeställe. Infolge des Hauptbahnhof-Baues 1906 kamen etliche Hotels dazu.

Im Zweiten Weltkrieg war Hamburg einschließlich St. Georg Ziel US-amerikanischer und englischer Luftangriffe: Es blieben nicht viele Steine übereinander. Planungen der Neuen Heimat nach 1966, nahezu das gesamte Stadtviertel zugunsten des Alsterzentrums abzureißen, wurden ad acta gelegt und stattdessen der Altbaubestand saniert. Glück gehabt, Hamburg – denn was wäre die Hansestadt ohne St. Georg?