Ein schwules Museum in Berlin? Davon haben bisher wohl die wenigsten gehört. Angesiedelt in der Lützowstrasse 73, Berlin-Tiergarten, hat sich das Museum Laufe seines Bestehens zu einer national wie international anerkannten Einrichtung entwickelt. Arbeitsschwerpunkte sind schwule, transsexuelle und queere Themen, die in verschiedenen Bereichen wie Präsentationen, Events und Archiv aufgearbeitet werden. Im Folgenden Beitrag erfährst du alles zur Historie und den beliebtesten Ausstellungen.
Schwules Museum Berlin: Tragende Bereiche der Einrichtung
Eine Idee wird konkret
1988 siedelte die Einrichtung in ein Hinterhaus am Mehringdamm 61 um, wo mehr als 130 Ausstellungen durchgeführt wurden. Zunehmend bemühten sich nationale und internationale Museen um Leihgaben, Wissenschaftler aus aller Welt stöberten in dem Archiv. Kurz und gut: Das Ansehen des Schwulen Museums wuchs stetig.
Der Umzug in die jetzigen Räume in der Lützowstraße 73 im Jahre 2013 war dem Platzmangel geschuldet. Mit dem Adressenwechsel fand aber nicht nur eine räumliche, sondern auch eine thematische Erweiterung statt. So klärte die Einrichtung mehr als früher über die Vielfalt von sexuellen Identitäten sowie Geschlechterkonzepten auf.
„Homosexualität_ en´ – die bislang größte Ausstellung
Seine bislang größte Ausstellung führte das Schwule Museum 2015 durch, wobei es mit dem Deutschen Historischen Museum zusammenarbeitete. Sie trug den Titel „Homosexualität_ en“ und setzte sich mit der der Geschichte gleichgeschlechtlicher Sexualität bis in die Gegenwart auseinander. Über Jahrhunderte litten Schwule unter einer Gesetzgesetzgebung, die sie kriminalisierte, unter einer Medizin, die sie pathologisierte sowie unter gesellschaftlicher Ächtung. Da passte es, dass unter anderem ein Exemplar der ersten reichseinheitlich geltenden weltlichen Strafvorschrift „Constitutio Criminalis Carolina“ gezeigt wurde, die aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammte. Sie stellte den Feuertod für alle in Aussicht, die sexuelle Handlungen „wider die Natur“ vollzögen. Die Ausstellung informierte zudem über den Ehrgeiz von Medizin und Psychologie, Homosexualität zu „heilem“. Mit der Schau trug das Schwule Museum dazu bei, dass das Thema „Homosexualität“ in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert wurde.
Archiv und Präsenzbibliothek
Aktuelle Ausstellung des Fotografen Amos Badertscher
Noch bis zum 29. Juni läuft (offiziell) die Ausstellung des Fotografen Amos Badertscher: „The soul around us“ im Schwulen Museum Berlin. Der aus Baltimore stammende Bildermacher ist ein Autodidakt. Dank einer kleinen Erbschaft in den 70ern konnte er sich die Fotografie selbst aneignen und machte sie zu seinem Lebensmittelpunkt. Er bildete in seinen Fotoarbeiten vorzugsweise die Stricherszene seiner Heimatstadt ab, die dominiert wurde von jungen Männern aus dem von materieller Armut geprägten Arbeitermilieu. Drogen und Gewalt gehörten zum Alltag. Viele von ihnen erreichten nicht einmal das 30. Lebensjahr. Die erste Ausstellung des Künstlers außerhalb den Vereinigten Staaten zeigt 100 ausgesuchte Fotoarbeiten. Kooperationspartner ist das Leslie-Lohman-Museum, New York.
Verschoben wurden die beiden Präsentationen „Queens“ und „100 Objekte“, die ursprünglich am 19. beziehungsweise am 26/ März eröffnet werden sollten. Die „Queens“-Ausstellung des Fotografen Nihad Nino Pušija vermittelt einen einmaligen Eindruck vom queeren, migrantischen Nachtleben in Berlin im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Als „Mekka“ galt damals das legendäre Kreuzberger „SO36“, den sozialen und sexuellen Außenseitern ein Domizil bot. Vorbild für „100 Objekte“ ist das British Museum mit seiner Präsentation „Weltgeschichte in 100 Objekten“. Ziel des Schwulen Museums ist es, den Reichtum, die Vielfalt und die Faszination seiner 1,5 Archivalien mittels 100 ausgewählten Objekten – von Fotografien bis zu Büchern aus dem 17. Jahrhundert und Gegenwarts-Installationen – vor Augen zu führen. Eingeteilt sind sie nach verschiedenen Gefühlslagen. Es gibt also, wie wir hoffentlich überzeugend dargelegt haben, mehr als genug Gründe, dem Schwulen Museum Berlin einen Besuch abzustatten. Nutzen Sie also die Gelegenheit zu einer Stippvisite.