Schwules Museum Berlin: Wir zeigen warum sich der Besuch lohnt!

Schwules Museum Berlin

Ein schwules Museum in Berlin? Davon haben bisher wohl die wenigsten gehört. Angesiedelt in der Lützowstrasse 73, Berlin-Tiergarten, hat sich das Museum Laufe seines Bestehens zu einer national wie international anerkannten Einrichtung entwickelt. Arbeitsschwerpunkte sind schwule, transsexuelle und queere Themen, die in verschiedenen Bereichen wie Präsentationen, Events und Archiv aufgearbeitet werden. Im Folgenden Beitrag erfährst du alles zur Historie und den beliebtesten Ausstellungen.

Schwules Museum Berlin: Tragende Bereiche der Einrichtung

Wir wollen ein Schlaglicht auf die spannende Geschichte und die vielfältigen Aktivitäten des Schwulen Museums Berlin werfen, hinweisen auf die nächsten Ausstellungen, die ins Haus stehen und so zu einem Besuch anregen: Der lohnt sich bestimmt. Allerdings bleibt die Einrichtung wegen der Corona-Krise mindestens bis zum 19. April geschlossen. Gegliedert ist das Gebäude es in vier Ausstellungsräume und einem Café im Erdgeschoss sowie einem Archiv im Untergeschoss. Das erste Obergeschoss beherbergt eine Präsenzbibliothek, die intensive Recherchearbeit ermöglicht. Außerdem befinden sich dort Büroräume und eine Werkstatt. Getragen wird die Einrichtung vom Verein der Freundinnen und Freunde des Museums.

Eine Idee wird konkret

Die Geschichte der Einrichtung ist auf eine Initiative von Andreas Sternweiler, Wolfgang Theis und Manfred Baumgardt zurückzuführen, die im ehemaligen Museums Berlin Aufsichtspflichten wahrnahmen. Gemeinsam mit dem Aktivisten Manfred Herzer von der Allgemeinen Homosexuellen Arbeitsgemeinschaft konnten sie den Direktor für die Idee gewinnen, eine Präsentation über homosexuelle Männer und Frauen zu entwickeln und im Museum Berlin zu zeigen. Im Sommer 1984 war es dann soweit: Die Ausstellung: „Eldorado – Geschichte, Alltag und Kultur homosexueller Frauen und Männer 1850–1950“ öffnete ihre Türen und herein strömten insgesamt etwa 40000 Besucherinnen und Besucher. Das war ein geradezu sensationeller Erfolg. Allerdings löste die Präsentation, wenig verwunderlich, auch heftige kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit aus. Die gelungene Ausstellung förderte die Idee zur Gründung eines Schwulen Museums, die am 6. Dezember 1985 vollzogen wurde. Es begann der Aufbau einer Museumsbibliothek und eines Archivs bei der Allgemeinen Homosexuellen Arbeitsgemeinschaft (AHA). Dort öffnete auch die erste Ausstellung ihre Türen, die mit „Igitt – 90 Jahre Homopresse“ überschrieben war. Das Jahr darauf stand im Zeichen der Feierlichkeiten anlässlich des 750-jährigen Bestehens der Hauptstadt. Das Schwule Museum nutzte die Gelegenheit und präsentierte in ihren Räumen in der Friedrichstrasse „750 warme Berliner“.
1988 siedelte die Einrichtung in ein Hinterhaus am Mehringdamm 61 um, wo mehr als 130 Ausstellungen durchgeführt wurden. Zunehmend bemühten sich nationale und internationale Museen um Leihgaben, Wissenschaftler aus aller Welt stöberten in dem Archiv. Kurz und gut: Das Ansehen des Schwulen Museums wuchs stetig.
Der Umzug in die jetzigen Räume in der Lützowstraße 73 im Jahre 2013 war dem Platzmangel geschuldet. Mit dem Adressenwechsel fand aber nicht nur eine räumliche, sondern auch eine thematische Erweiterung statt. So klärte die Einrichtung mehr als früher über die Vielfalt von sexuellen Identitäten sowie Geschlechterkonzepten auf.

„Homosexualität_ en´ – die bislang größte Ausstellung

Ein „Dauerbrenner“ war die Ausstellung „Selbstbewusstsein und Beharrlichkeit – 200 Jahre schwule Geschichte“, die von Dezember 2004 bis Mail 2013 präsentiert wurde. Sie zeigte auf, wie schwierig es für Homosexuelle im Zeitraum vom Ende des 18. Jahrhunderts bis 1990 war, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, aber ebenso, welche Möglichkeiten sich ihnen boten. Zudem wurden die negativen Auswirkungen des Paragraphen 175 dargestellt sowie der Sukzess, den die Schwulenbewegung erreichte. Die Ausstellung „Verfolgung homosexueller Männer in Berlin 1933 bis 1945“ nahm das Thema „Homosexuelle während der braunen Diktatur“ auf. Sie wurde in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Sachsenhausen veranstaltet.
Plakatmotiv Homosexualitaet_en
Das Plakatmotiv der Ausstellung Homosexualitaet_en

Seine bislang größte Ausstellung führte das Schwule Museum 2015 durch, wobei es mit dem Deutschen Historischen Museum zusammenarbeitete. Sie trug den Titel „Homosexualität_ en“ und setzte sich mit der der Geschichte gleichgeschlechtlicher Sexualität bis in die Gegenwart auseinander. Über Jahrhunderte litten Schwule unter einer Gesetzgesetzgebung, die sie kriminalisierte, unter einer Medizin, die sie pathologisierte sowie unter gesellschaftlicher Ächtung. Da passte es, dass unter anderem ein Exemplar der ersten reichseinheitlich geltenden weltlichen Strafvorschrift „Constitutio Criminalis Carolina“ gezeigt wurde, die aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammte. Sie stellte den Feuertod für alle in Aussicht, die sexuelle Handlungen „wider die Natur“ vollzögen. Die Ausstellung informierte zudem über den Ehrgeiz von Medizin und Psychologie, Homosexualität zu „heilem“. Mit der Schau trug das Schwule Museum dazu bei, dass das Thema „Homosexualität“ in einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert wurde.

Archiv und Präsenzbibliothek

Das Archiv des Schwulen Museums sammelt Zeitschriften aus aller Welt sowie im Schriftgutarchiv Fotos, Videos, Filme, Plakate, Autographen, Kunstwerke und Nachlässe. Aus hauptsächlich „grauer Literatur“ und Hochschulschriften besteht die Präsenzbibliothek mit ihren circa 19000 Titeln zur männlichen Homosexualität. Schwerpunkt bildet der Kunstbereich. Des Weiteren beherbergt sie etwa 3000 internationale Zeitschriftentitel, 4000 Filmstreifen sowie verschiedene Tonträger. Zudem trägt es Schriften zum Thema „weibliche Homosexualität“ zusammen. Auf Standardliteratur zu trans- und intergeschlechtlichen Lebensweisen richtet es ebenfalls sein Augenmerk.

Aktuelle Ausstellung des Fotografen Amos Badertscher

Badertscher, 1998 (Leslie-Lohman-Museum)
Badertscher, 1998 (Leslie-Lohman-Museum)

Noch bis zum 29. Juni läuft (offiziell) die Ausstellung des Fotografen Amos Badertscher: „The soul around us“ im Schwulen Museum Berlin. Der aus Baltimore stammende Bildermacher ist ein Autodidakt. Dank einer kleinen Erbschaft in den 70ern konnte er sich die Fotografie selbst aneignen und machte sie zu seinem Lebensmittelpunkt. Er bildete in seinen Fotoarbeiten vorzugsweise die Stricherszene seiner Heimatstadt ab, die dominiert wurde von jungen Männern aus dem von materieller Armut geprägten Arbeitermilieu. Drogen und Gewalt gehörten zum Alltag. Viele von ihnen erreichten nicht einmal das 30. Lebensjahr. Die erste Ausstellung des Künstlers außerhalb den Vereinigten Staaten zeigt 100 ausgesuchte Fotoarbeiten. Kooperationspartner ist das Leslie-Lohman-Museum, New York.

 

Nihad Nino Pušija: Queen Kenny at theTeddy Awards SO36, 1996
Nihad Nino Pušija: Queen Kenny at theTeddy Awards SO36, 1996

Verschoben wurden die beiden Präsentationen „Queens“ und „100 Objekte“, die ursprünglich am 19. beziehungsweise am 26/ März eröffnet werden sollten. Die „Queens“-Ausstellung des Fotografen Nihad Nino Pušija vermittelt einen einmaligen Eindruck vom queeren, migrantischen Nachtleben in Berlin im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Als „Mekka“ galt damals das legendäre Kreuzberger „SO36“, den sozialen und sexuellen Außenseitern ein Domizil bot. Vorbild für „100 Objekte“ ist das British Museum mit seiner Präsentation „Weltgeschichte in 100 Objekten“. Ziel des Schwulen Museums ist es, den Reichtum, die Vielfalt und die Faszination seiner 1,5 Archivalien mittels 100 ausgewählten Objekten – von Fotografien bis zu Büchern aus dem 17. Jahrhundert und Gegenwarts-Installationen – vor Augen zu führen. Eingeteilt sind sie nach verschiedenen Gefühlslagen.  Es gibt also, wie wir hoffentlich überzeugend dargelegt haben, mehr als genug Gründe, dem Schwulen Museum Berlin einen Besuch abzustatten. Nutzen Sie also die Gelegenheit zu einer Stippvisite.

Was hat ein schwules Museum Berlin mit Wodka zu tun?
Mit unserem Blog möchten wir dem Leser einen Mehrwert bieten. Wir veröffentlichen regelmäßig Beiträge über Einrichtungen und Projekte von Menschen die unsere Werte teilen. Ebenfalls berichten wir gerne über geschichtliche Ereignisse, die zu Meilensteinen für die LGBTQ Gesellschaft wurden. Hier findest du z.B. unseren Beitrag über die Entstehung des Pride Months. Falls du Anregungen, Fragen oder Kritik für uns hast dann kontaktiere uns gerne unter: info@gay-vodka.de